Favelas online: Beschwerden über Stromausfälle

Es donnert, blitzt und stürmt, der Regen wütet. Straßen und Wege überfluten, das Wasser läuft auch in Häuser hinein. In vielen Favelas in Rio de Janeiro ist der Strom ausgefallen – in den sozialen Netzwerken hallen der Ärger und die Beschwerden der Favelabewohner wieder.

“Es ist, als würde die Welt untergehen. Kein Fernsehen, kein Internet, jetzt gibt es auch kein Licht mehr”, schreibt Alexandre Correa aus dem Complexo do Alemão. Thiago Firmino twittert, dass in der ganzen Favela Santa Marta (Dona Marta) im Stadtteil Botafogo die Lichter ausgegangen sind, alles dunkel sei. Außerdem seien zwei Kinder und eine Erwachsene in der Mini-Seilbahn in der Favela gefangen – ganz schön gruselig die Vorstellung, dort jetzt am steilen Berg zu hängen.

An den Bürgermeister twittern

Thiago Firmino hat sofort an den Energiekonzern Light, den Bürgermeister Eduardo Paes, den Gouverneur von Rio, Sérgio Cabral, an das Medien-Imperium O Globo und eine Favela-Onlineplattform getwittert, was in der Santa Marta passiert. Mit den sozialen Medien wie Twitter gelingt es, sichtbar zu machen, was in den Favelas passiert – und Druck aufzubauen, das Problem zu lösen.

Kundenservice auf Twitter (Screenshot)

Kundenservice auf Twitter (Screenshot)

Die Stromfirma Light hat alle Hände zu tun – auf dem Twitter-Account des Kundenservice treffen ständig neue Meldungen ein.

Light: Zahlreiche Beschwerden per Twitter (Screenshot)

Light: Zahlreiche Beschwerden per Twitter (Screenshot)

Nicht nur bei gewitterbedingten Stromausfällen wenden sich viele Favelabewohner inzwischen per Twitter an das Unternehmen. Sie teilen auch Fotos von erhöhten Stromrechnungen per Facebook, vergleichen untereinander die Höhe ihrer monatlichen Abrechnungen, die manchmal willkürlich festgelegt erscheint, und beschweren sich dann öffentlich beim Konzern – oft per Twitter.

Favela-Reporter Michel Silva: “Alles spielt sich heute im Internet ab”

Favelareporter Michel Silva (Foto: BuzzingCities)

Favelareporter Michel Silva (Foto: BuzzingCities)

Kaputte Straßen, einstürzende Häuser, Favelakultur: Auf der Onlineplattform Viva Rocinha und auf Facebook und Twitter berichtet Michel Silva jeden Tag darüber, was in der Favela Rocinha passiert. Zusammen mit seiner Schwester Michele hat der 19-Jährige das Portal Ende 2011 gegründet. Sie wollen Probleme sichtbar machen – aber vor allem “die guten Seiten” der Favela zeigen.

Bevor er in die Schule geht, scannt er die Nachrichten, aktualisiert Beiträge, läuft dann nachmittags durch die Favela – die meisten Geschichten entdeckt er auf der Straße.

Silva: "Alles spielt sich heute im Internet ab" (Foto: BuzzingCities)

Silva: “Ich bin 19 Stunden täglich online” (Foto: BuzzingCities)

Als wir mit ihm durch die Rocinha spazieren, rasen Feuerwehrautos an uns vorbei – Michel zückt sofort sein Handy, fotografiert das Geschehen, spricht mit einem der Feuerwehrmänner.

Sekunden später erscheint die Nachricht auf der Facebookseite von “Viva Rocinha”: Der Brand war durch einen Stromadapter ausgelöst worden, das Feuer ist bereits unter Kontrolle.

Live aus der Favela (Screenshot Facebook "Viva Rocinha")

Live aus der Favela (Screenshot Facebook “Viva Rocinha”)

Falls Misstände nicht sofort behoben werden, hilft Michel Silva nach, veröffentlicht das Problem im Internet und twittert die zuständigen Behörden an: “Alles spielt sich heute im Internet ab”, sagt der Favela-Reporter.

 

In Kürze erscheinen das komplette Video und ein Interview mit Michel Silva.