Raus aus der Favela

In keinem Land der Welt gibt es so viele Hausmädchen wie in Brasilien – seit Kolonialzeiten schuften Arme in den Häusern der Reichen. Doch jetzt durchbricht eine neue Generation aus den Favelas den Kreislauf.

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Unten rasen Motorradtaxis auf der steilen Straße entlang, vor der Terrasse wachsen die Ziegelhütten von Rio de Janeiros größter Favela Rocinha den Berg hinauf. Michel Silva tippt konzentriert in sein Macbook. Seine Mutter blickt ihm dabei über die Schulter, einen Computer hat sie noch nie benutzt: “Ich gehe lieber in die Kirche”, sagt Dona Jô.

Die 63-Jährige kann kaum schreiben und lesen, ist nur ein paar Jahre zur Schule gegangen. Sie hat ihr Leben lang für wenig Geld geschuftet. Für Favelabewohner gab es bisher kaum Aufstiegschancen – doch ihre Kinder haben andere Pläne.

Die Geschichte von Dona Jô und ihren drei Kindern ist auch die Geschichte eines krisengeschüttelten Landes im Umbruch, in dem immer mehr Favelakinder nicht mehr als billige Arbeitskräfte für die Wohlhabenden arbeiten wollen – und stattdessen von Universität und Karriere träumen. Sie nehmen die tiefe Spaltung des Landes in Arm und Reich nicht mehr einfach hin.

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“Jung & Naiv” über Favelas, Drogenkrieg und Sicherheit in Rio: Interview mit Tilo Jung

Tilo Jung hat uns während der Olympischen Spiele in der Favela Rocinha in Rio de Janeiro besucht und interviewt – jetzt ist das ganze Favela-Interview online zu sehen.

“Julia Jaroschewski und Sonja Peteranderl leben seit Jahren in Rios Favelas und berichten von dort. Die deutschen Journalistinnen interessieren sich für das Leben in den brasilianischen Armutsvierteln, wo sie mikroskopisch beobachten, wie Sicherheitsprozesse und Polizeiarbeit funktionieren bzw. nicht funktionieren, wie Kriminalität entsteht und sich entwickelt.

Tilo trifft die beiden Reporterinnen in Rocinha, der größten Favela Südamerikas mit mehr als 300.000 Bewohnern und will von Julia & Sonja wissen: Was ist überhaupt eine Favela? Zahlen die Menschen Miete oder lebt jeder, wie er oder sie will? Gibt es Schulen, Strom, Müllabfuhr und eine Wasserversorgung? Warum leben die beiden in einem offenbar so gefährlichen Viertel? Welche Macht haben die Drogengangs? Kennt man die Drogenbosse? Was heißt das, wenn die Polizei eine Favela besetzt? Ist das eine Invasion? Haben Favelas ihre eigenen Regeln und Gesetze? Warum ziehen Menschen aus ganz Brasilien überhaupt eine Favela?”

Olympia-Ticket: Nichts für die Favelas

Busse in der Rocinha: Immer überladen (Foto: BuzzingCities Lab)

Busse in der Rocinha: Immer überladen (Foto: BuzzingCities Lab)

Für Touristen, die nach Rio gekommen sind, um die Olympischen Spiele zu sehen, hatte die Stadt Rio eine spezielle Zeitkarte für den öffentlichen Transport geschaffen: die „Rio Card Olimpico“ für die unbegrenzte Nutzung aller Nahverkehrsmittel für ein, drei oder sieben Tage.

Eine eigentlich gute Erfindung, denn eine solche Karte fehlte bisher in Rio. Zwar gibt es das „Bilhete Unico”, eine Karte, die dem Besitzer zweimal am Tag das Umsteigen in einen zweiten Bus ermöglicht. Eine wirkliche Zeitkarte mit unbegrenzter Nutzung ist das aber nicht – zumal gerade in den Favelas der Großteil der Bevölkerung auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist und Fahrtwege von entlegeneren Favelas in die Stadt mitunter Stunden dauern, mit mehrmaligem Umsteigen.

Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zählen mittlerweile auch die in Favelas weit verbreiteten „Vans“, also Minibusse, die meist von privaten Kooperativen betrieben werden, aber inzwischen von der Stadt reguliert werden – und in denen heute auch das „Bilhete Unico“ gültig ist.

Auch in der Favela Rocinha transportieren Vans viele Passagiere durch die Favela – die normalen Stadtbusse fahren viel zu selten und sind völlig überfrachtet. Die teure Zeitkarte „Rio Card Olimpico“ gilt allerdings in den Vans der Rocinha nicht, wie wir heute feststellen mussten – obwohl die Busse eigentlich längst dem offiziellen Transportsystem der Stadt angehören. So werden Favelas bei der „Rio Card Olimpico“ wieder einmal ausgenommen.

Auch mit der neuen Metrolinie, die direkt an der Favela vorbeiführt, können Favelabewohner bisher noch nicht fahren – nur mit der „Rio Card Olimpico“ und einem Ticket für die Olympischen Spiele.

Olympia jenseits vom Hochglanz: BuzzingCities Lab im Interview beim rbb Inforadio

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Olympia in Rio, jenseits vom Hochglanz: Am morgigen Sonntag ist das Interview mit uns über die Olympischen Spiele, die Sicherheitslage, Drogenkrieg und Polizeigewalt sowie Digitalisierung in Rios Favelas im Inforadio zu hören.

Vor den Großereignissen sollten Rios Favelas mit Polizeipräsenz befriedet werden — doch in größeren Favelas wie Rocinha oder Complexo do Alemao eskaliert im Olympiajahr die Gewalt. Für Favelabewohner verwandeln sich Smartphones und soziale Netzwerke in wichtige Waffen: Sie machen sichtbar, was in der Favela passiert, prangern Polizeigewalt an und warnen sich gegenseitig vor Schießereien.

Blackyva: Black Diva aus der Favela

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Schwarz, aus dem Armenviertel und transsexuell: Performance-Künstlerin „Blackyva“ aus Rio de Janeiro bringt die Zerrissenheit Brasiliens auf die Bühne. Für die Wochenendausgabe der Mittelbayerischen Zeitung hat Julia die Künstlerin portraitiert.

Kinder fangen bei ihrem Anblick an zu weinen, vor kurzem hat sie an einer Schule eine Performance vorgeführt, die Jugendlichen waren schockiert. „Wenn ich mit dem blauen Auge auf der Straße herumlaufe, erschrecken sich die Leute“, sagt Blackyva. „Es symbolisiert die alltägliche Gewalt, die ich ertragen muss, und die auch meine Mutter erlitten hat“ – Gewalt in der Familie, dazu noch dreifache Diskriminierung. Denn Blackyva ist schwarz, transsexuell, lebt in einer Favela, der Rocinha, dem größten Armenviertel von Rio de Janeiro. Das blaue Auge hat sie kämpferisch zu ihrem Markenzeichen gemacht. Heute nur noch mit Make-up.

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Die 22-Jährige will Menschen schockieren, damit sie beginnen, die Dinge in Frage zu stellen. In ihren Performances verarbeitet sie eigene Probleme und Konflikte, in den persönlichen Erfahrungen spiegeln sich aber auch die großen sozialen Herausforderungen, die Brasilien bewältigen muss: die massive Einkommensschere, Rassismus, Diskriminierung, Gewalt, die Schwierigkeit, als junger, schwarzer, armer Brasilianer zu sich selbst zu finden – und zu einer Stimme.

Blackyva: Favela Rising (Foto: BuzzingCities Lab)

Blackyva (All Photo Credits: BuzzingCities)

Olympia-Auftakt: BuzzingCities Lab bei Tagesschau24 über die Lage in Favelas

Während heute in Rio de Janeiro die Olympischen Spiele eröffnet werden, werfen Korruption und massive Militarisierung einen Schatten auf das Megaevent – und Rios Favelas kämpfen mit Gewalt. Die Unzufriedenheit bei vielen Brasilianern ist groß, zahlreiche Proteste sind für heute angekündigt.

Julia kommentiert im Live-Interview mit Tagesschau24 die Situation in Rios Favelas und die Sicherheitslage nach den Terrordrohungen.

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