Complexo do Alemão: Frau von Polizei erschossen

Neue Proteste, wieder eine tote Frau: In Rio de Janeiros Favelas eskaliert täglich die Gewalt.

Proteste Alemao

In den Favelas des Complexo do Alemão im Norden von Rio de Janeiro trauern die Bewohner um eine Frau, die von einem Polizist erschossen wurde – und protestieren gegen die Polizeigewalt.

In den Favelas hatten sich Polizei und Drogengangs beschossen, die Frau wurde von einer verlorenen Kugel getroffen. Sie starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Nachbarin der Frau kritisiert auf Facebook, dass sich der Polizist, der die Frau getroffen hat, nicht um die Verletzte gekümmert hat.

Die Siedlungen des Complexo do Alemão waren erst vor kurzer Zeit zum zweiten Mal militärisch besetzt worden, weil die Konflikte zwischen Drogengangs und Polizei zunahmen. Die Bevölkerung misstraut der sogenannten Befriedungspolizei.

 

 

UPP in der Krise: Kampf um die Favelas

Die UPP-Einheiten sollten den Favelas den Frieden bringen, doch kurz vor der WM zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Besetzungsstrategie vor allem in den größeren Communities wie Complexo do Alemão, Penha und in der Rocinha alles andere als erfolgreich verläuft.

Die Besetzungsstrategie sieht eigentlich vor, dass Favelas zuerst militärisch eingenommen werden, in einem zweiten Schritt sollen sogenannte UPP-Polizisten dauerhaft in den Favelas stationiert werden, die eigentlich leichter bewaffnet und bevölkerungsnah auftreten sollen. Doch am vergangenen Samstag mussten die BOPE-Spezialeinheiten die Favelasiedlungen Complexo do Alemão und Complexo da Penha erneut militärisch besetzen, jetzt sollen dort bis zu 300 BOPE Präsenz zeigen.

Ende 2010 hatten Militärs und Polizisten den Complexo do Alemão gestürmt, mehrere Menschen starben damals bei den Schusswechseln zwischen Drogengang und staatlichen Sicherheitskräften. In den vergangenen Monaten hatten sich Auseinandersetzungen zwischen Drogengangs und UPP zugespitzt. In vielen von der UPP besetzten Favelas treten die Gangs pünktlich vor der WM wieder selbstbewusst in Erscheinung, wollen ihr Terrain zurückerobern, in mehreren Favelas haben sie bereits No-Go-Zonen etabliert, die von der Polizei nicht mehr betreten werden. Im vergangenen Monat sind vier UPP-Polizisten von Drogengangs ermordet worden.

Außerdem ist das Ansehen der Polizei bei der Favelabevölkerung durch Folterskandale wie in der Rocinha und hartes Vorgehen gegen Demonstrierende geschwächt. Im Complexo do Alemão war es in der vergangenen Woche zu Protesten und Auseinandersetzungen zwischen Favelabewohnern und Polizei gekommen – nach der Ermordung eines UPP-Polizisten waren mehrere Verdächtige festgenommen worden, den Favelabewohnern zufolge auch Unschuldige.

Nun soll nationales Militär den Sicherheitskräften in Rio de Janeiro zur Hilfe kommen. Und die UPP hat ein hartes Vorgehen gehen die Drogengangs angekündigt.

Schocktruppe am Eingang der Rocinha (Foto: BuzzingCities)

Schocktruppe am Eingang der Rocinha (Foto: BuzzingCities)