Für die Drogengangs ist der urbane Dschungel der Favelas ein ideales Operationsgebiet, in dem sie sich leicht bewegen, zurückziehen und Guerilla-Angriffe auf die Polizei ausüben können. Favelas wie die Rocinha bilden ein riesiges, unübersichtliches Labyrinth aus übereinandergestapelten Häuschen und engen Gassen, nur eine Handvoll breiterer Straßen ziehen sich durch die Favela.
Doch für öffentliche Dienstleister wie Polizei, aber auch Müllabfuhr, Krankenwagen oder Feuerwehr sind große Teile der Favelas dadurch unzugänglich – man kann sie nur zu Fuß durchqueren. “Die Erweiterung von Wegen ist zentral, damit die Polizei in der Rocinha eine gute Arbeit machen kann”, sagte der UPP-Kommandant der Rocinha, Leandro Nogueira, jetzt dem brasilianischen Nachrichtenportal “O Globo”.
Die Frage, wie sich eine organisch gewachsene Favela erweitern lässt, ohne ganze Viertel abzureißen, eine klassische Infrastruktur wie Straßen, aber auch ein Wasser- und Abwassersystem anlegen lässt, ist eine Mammutaufgabe. Mit dem staatlichen Investitionsprogramm PAC, “Programa de Aceleração e Crescimento” (PAC), soll die Urbanisierung der Favelas vorangetrieben werden.
Unfertige Projekte, Korruption, Unzufriedenheit
Im Rahmen von PAC 1 wurden in der Rocinha etwa zentrale Verbesserungen wie die Bibliothek, eine UPA-Gesundheitsstation, ein Sportzentrum, Sozialbauten und die neue Brücke, die über die Schnellstraße in die Favela hineinführt, finanziert. Zahlreiche geplante Projekte konnten allerdings nicht angegangen oder fertiggestellt werden, zudem wurden die PAC-Projekte von einem Korruptionsskandal erschüttert, und mussten zum Teil gestoppt werden – Beamte hatten Strohfirmen gegründet, an die sie Bauprojekte vergaben und so ihren eigenen Firmen Gewinn verschafften.
Auch fühlen die Favelabewohner sich bei den Planungen übergangen – während ein Abwassersystem immer noch fehlt, halten viele Bewohner die im Rahmen von PAC 2 geplante Gondelbahn in der Rocinha für eine reine Touristenattraktion, die ihren Alltag nicht verbessern wird.
Zu den bekannten Problemen kommt ein neues hinzu: Jetzt behindern auch die Drogengangs die Infrastrukturmaßnahmen. In den Monaten nach der Fußball-WM haben die Attacken auf die Polizisten der UPP zugenommen. Die Drogengangs griffen auch die Techniker an, die die Favela für die geplanten Bauarbeiten vermessen und kartieren sollten.