Haushalten in der Favela: Wir werden immer wieder nach ganz alltäglichen Dingen gefragt – ob wir eine Küche voller Kakerlaken haben oder wie wir unsere Wäsche waschen. Favela FAQ #2
Wie sieht die typische Favelaküche aus?
Wie immer: Kommt darauf an – zum Beispiel auf das Einkommen der jeweiligen Familie. Es gibt Favelabewohner, die sich eine Einbauküche mit High-Tech-Schnickschnack wie Mikrowelle oder Spülmaschine liefern lassen, und andere, die in improvisierten Küchennischen auf Gasherden kochen. Fast alle Haushalte in der Rocinha haben aber inzwischen Strom und Wasser.
Viele glauben, dass die hygienischen Bedingungen in einer Favela katastrophal sind…
Favelabewohner sind häufig ordentlicher als Durchschnittsbrasilianer, die gewohnt sind, dass ihnen eine empregada (Hausangestellte) hinterherräumt – viele spülen sofort ab, wischen selbst kleinste Essenskrümel auf, lassen keine Essensreste außerhalb des Kühlschranks liegen. Denn sie wissen, dass sonst die Tiere, wie Ameisen oder Kakerlaken, kommen.
Laufen bei euch auch Kakerlaken herum?
Unsere alte Wohnung lag im Erdgeschoss, in einer der feuchten, engen Gassen, in denen sich die Kakerlaken rasant vermehren und immer schnell von einer auf die andere Seite flitzen, sobald jemand um die Ecke biegt. Da unsere Tür und auch die Fensterritzen nicht dicht waren, begann fast jeder Morgen mit einer kleinen Kakerlakenjagd: ein Dutzend erlegen, um die Horde zumindest zu reduzieren. Ganz schlimm wurde es, als das Wasser ausfiel und wir zwei Tage nicht abwaschen konnten.
Jetzt wohnen wir weiter oben und unser Haus ist besser durchgelüftet, steht eher am Rand der Favela als mittendrin. Vielleicht auch weil es ein bisschen kälter ist, haben wir noch keine einzige Kakerlake gesehen. Nur Mücken oder kleinere Spinnen.
Habt Ihr eigentlich einen Kühlschrank?
Zum Glück. Der Kühlschrank ist sogar mit uns umgezogen. In der Favela kann man nicht einfach schnell ein Umzugsauto bestellen – weil es vor den meisten Häusern gar keine Straße gibt. Das Inventar muss oft Stück für Stück durch die engen Gassen geschleppt werden. Unsere Mitbewohnerin hat einen jungen Mann beauftragt, den Kühlschrank den Berg hochzutragen. Umzüge in der Favela generieren also neue Jobs – falls nicht Großfamilie und Bekanntenkreis gezwungen werden, beim Umzug mitanzupacken.
Und die Wäsche?
Wir waschen unsere Wäsche oldschool, in einem Eimer voller Wasser. Die trockene Wäsche wird dann auf den Gemeinschaftsleinen vor dem Haus aufgehängt. Wenn die Leinen voll sind oder wenn es tagelang regnet und die Wäsche nicht trocken wird, hängen wir einzelne Stücke auf der Rückseite unseres Kühlschranks auf – der funktioniert ein bisschen wie ein Ventilator.
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