Wahlwahnsinn in Brasilien: #EleiçõesLimpas

Brasilien hat gewählt, Berge von Flyern und Postern überschwemmen jetzt die Straßen. Mit dem Hashtag #EleiçõesLimpas, “Saubere Wahlen”, dokumentieren Brasilianer online den Dreck, den die Kandidaten und ihre Teams hinterlassen haben – auch in Rios Favelas.

Wahlwahnsinn

Ganz sauber sind die Wahlen auch inhaltlich nicht verlaufen. Noch am Morgen der Wahl verteilten Helfer von Abgeordneten etwa im Bundesstaat Maranhão Beutelchen mit kleineren Summen, um Wähler kurz vor dem Gang zur Urne zu beeinflussen.

Stimmenkauf hat auch in den Favelas eine lange Tradition. Kriminelle Gruppen kontrollieren, wer in den bevölkerungsreichen Armenvierteln Wahlwerbung betreiben darf und die Stimmen erhält. So wurden auch diesmal mehrere Politiker im Vorfeld der Wahlen daran gehindert in Favelas wie der Rocinha Wahlplakate aufzuhängen oder Wahlkampfveranstaltungen abzuhalten.

Ernüchterung für Marina Silva

Präsidentin Dilma Roussef konnte im ersten Wahldurchgang etwa 41 Prozent der Stimmen holen. Überraschend tritt sie bei der Stichwahl am 26. Oktober aber nicht gegen die Herausfordererin Marina Silva an, der im Vorfeld große Chancen eingeräumt wurden, sondern gegen Aécio Neves. Der Ökonom, Senator, Ex-Gouverneur und Zögling einer Politikerfamilie lag in den Umfragen während des Wahlkampfes weit zurück, erreichte aber bei der Wahl 34 Prozent der Stimmen.

Marina Silva überzeugte zwar mit ihrer Vergangenheit, dem Aufstieg von der Kautschukpflückerin und dem Hausmädchen zur engagierten Umweltpolitikerin. Doch ihr fehlten eine starke Partei im Rücken und politische Inhalte – zahlreiche Standpunkte wechselte sie so radikal, das sie zuletzt wenig glaubwürdig erschien.

Neben Präsidentschaftswahl und Parlament wurden auch die Gouverneure der 27 Bundesstaaten und ein Drittel der Senatoren bestimmt. In Rio de Janeiro wird der amtierende Gouverneur Luiz Fernando Pezão (PMDB), der 40,57 Prozent der Stimmen erhielt, bei der Stichwahl Ende Oktober gegen Marcello Crivella (20,26 Prozent) antreten.