Was Brasilien 2016 beschäftigen wird

Proteste Complexo do Alemão (Credit: Julia Jaroschewski)

Proteste Complexo do Alemão (Credit: Julia Jaroschewski)

# Die Wirtschaftskrise

Vom boomenden lateinamerikanischen Global Player zum Krisenstaat – im Jahr der Olympischen Spiele kämpft Brasilien mit einer hohen Inflationsrate, Kürzungen in allen Bereichen und einem historischen Misstrauen in die Präsidentin und das politische System (allerdings ohne Alternative).

“By the end of 2016 Brazil’s economy may be 8% smaller than it was in the first quarter of 2014, when it last saw growth; GDP per person could be down by a fifth since its peak in 2010, which is not as bad as the situation in Greece, but not far off. Two ratings agencies have demoted Brazilian debt to junk status. Joaquim Levy, who was appointed as finance minister last January with a mandate to cut the deficit, quit in December. Any country where it is hard to tell the difference between the inflation rate—which has edged into double digits—and the president’s approval rating—currently 12%, having dipped into single figures—has a serious problem”

# Die Korruption

Der tiefgreifende Korruptionsskandal rund um die staatliche Energiefirma Petrobras, der alle großen Parteien betrifft, lässt das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik noch weiter erodieren. Immerhin: In Brasilien folgen jetzt Hausdurchsuchungen und Verfahren gegen Politiker – während in Ländern wie Mexiko auf Korruptionsskandale keine juristischen Konsequenzen folgen.

# Die Olympischen Spiele

Brasilien wird 2016 zum Schauplatz der Olympischen Spiele, doch die – auf Rio begrenzten – Spiele werden noch weniger als Droge für das Volk funktionieren als die Fußball-WM. Die WM konnte zwar ohne größere Risiken für Touristen stattfinden, in den Favelas und auch in den wohlhabenderen Vierteln ist die Gewalt aber seitdem eskaliert, auch die Zahl der Überfälle ist in Rio de Janeiro gestiegen. Einerseits wurden im Rahmen der Großereignisse zwar wichtige Infrastrukturprojekte wie Metro-Stationen oder Museen wie das Museo da Amanha vorangetrieben – doch noch drängendere Probleme wie die mangelnde Abwasserregelung und die problematische Gesundheitsversorgung wurden nicht nachhaltig angegangen.

# Die Zukunft der UPP

In den Favelas von Rio de Janeiro ist die Gewalt das Thema Nummer 1. Die Befriedungspolizei UPP ist in vielen Favelas zum unliebsamen Verwalter einer staatlichen Ordung mutiert, die einerseits nicht durchgreifen kann, andererseits das Vertrauen der Bevölkerung durch unangemessene Polizeigewalt verloren hat. Rios Drogengangs erobern sich ihr Terrain zurück. Immerhin hat die junge der Generation mit dem Ausblick in eine andere Zeit in den vergangen Jahren eine neue Perspektive gewonnen – und gelernt, ihre Stimme zu erheben.

Lula lacht die Krise weg

Brasilien steckt in einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise. Das Land steht vor einem Sturz der Präsidentin. Und dennoch redet Ex-Präsident Luiz Inacio da Silva in Berlin die brasilianische Krise herunter und wirft der Opposition eine Kriminalisierung der Regierungspartei PT vor.

Brasiliens Inflationsrate ist auf einem Rekordhoch, Jobs gehen verloren, die Wachstumsprognosen sind negativ. Hat Brasilien nicht schon länger missgewirtschaftet, sich zu sehr auf den Binnenmarkt konzentriert und auf den Verkauf von Rohstoffen gesetzt? Also, sagt Lula da Silva, holt einen Zettel hervor und liest vor, mit welchen Produkten Brasilien Exportmeister ist: Zucker, Kaffee, Orangensaft, Fleisch. Kritik an der Krise lässt er abperlen oder anders, er erlaubt sich den einen oder anderen Scherz. Diese werden wohlwollend von den Besuchern aufgenommen.

Ex-Präsident Lula Inacio da Silva in Berlin (Foto: Julia Jaroschewski)

Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva in Berlin (Foto: Julia Jaroschewski)

Luiz Inacio da Silva, Lula, sitzt in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin und soll über die Herausforderungen in der Entwicklung Brasiliens reden. Er hat ein leichtes Spiel. Die Gäste, viele Brasilianer, sind Anhänger des ehemaligen Präsidenten. Sie lachen, klatschen und unterstützen politische Kommentare, indem sie “Fora Cunha” in den Raum rufen. Dies geht in Richtung Eduardo Cunha, den Vorsitzenden des brasiliansichen Unterhauses und Initiator des Amtsenthebungsverfahren gegen die regierende Präsidentin Dilma Rousseff.

Anhänger der Präsidentin Dilma Rousseff in Berlin (Foto: Julia Jaroschewski)

Anhänger der Präsidentin Dilma Rousseff in Berlin (Foto: Julia Jaroschewski)

Brasilien steckt in einer ernsthaften politischen Krise

Cunha hatte Anfang Dezember das sogenannte Impeachmentverfahren gegen die Präsidentin angestoßen, das dazu führen könnte, dass Rousseff ihr Amt als Regierunsgoberhaupt verliert. Dabei steht Cunha selbst vor dem politischen Fall, denn auch er hat seine Finger im Korruptionsskandal um den Energieriesen Petrobras im Spiel und muss sich wegen aufgedeckter Schwarzgeldkonten in der Schweiz rechtfertigen. Doch viele Brasilianer sagen, Cunha wolle, wenn er denn gehen muss, gleich die Präsidentin mitnehmen. Brasilien ist momentan großer Schauplatz politischer Intrigen und Machtspiele. Continue reading

Brasilien in der Krise: Kahlschlag bei den Sozialprogrammen

Rekordinflation, politischer Korruptionsskandal, Rezession, Proteste: Brasiliens Regierung steckt in der Krise und versucht mit drastischen Budgetkürzungen und Reformen Handlungswillen zu beweisen – auch die Sozialausgaben sind betroffen.

Ministerien sollen verkleinert oder abgeschafft werden, die Gehälter von Politikern werden gekürzt, zahlreiche Programme müssen mit weniger Budget auskommen oder werden ganz gestrichen. Kurzfristig soll Brasiliens massiver Bürokratie-Apparat von 39 Ministerien (Deutschland: 14) auf 29 Ministerien reduziert werden. Langfristiges Ziel: nur noch zehn Ministerien.

Kabinettsmitglieder und Beamte müssen Gehaltskürzungen von 10 Prozent hinnehmen, auch die Bezüge von Präsidentin Dilma Rousseff und dem Vize-Präsidenten werden reduziert. Mehrere Tausend Stellen werden gestrichen, Höchstausgaben für Telefonkosten und Reisekosten von Politikern und Beamten werden neu definiert, auch Leasing-Verträge überprüft.

Die angekündigten Reformen sollen beruhigende Signale an Investoren senden und den Haushalt sanieren. Tatsächlich hat Brasiliens Bürokratie seit Jahrzehnten einen drängenden Reformbedarf — doch der Maßnahmenkatalog ist kaum politisch durchsetzbar, zumal für eine Administration wie die Rousseff-Regierung, deren Beliebtheitswerte sich zur Zeit ohnehin im Sinkflug befinden.

Sparen im Gesundheits- und Bildungsbereich

Zudem betreffen die Kürzungen nicht nur die wuchernde Bürokratie und politische Privilegen, sondern auch Programme, die zentral für Brasiliens Entwicklung sind.

Soziale Programme sollten zwar von den Kürzungen verschont bleiben. Doch mindestens sieben Sozialprogramme sind nun von dem Sparkurs betroffen, darunter das Programm “Farmácia Popular do Brasil”, das ärmeren Bevölkerungsschichten den Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen soll. Ein Katalog von Medikamenten wird gegen Rezept zu 90 Prozent unter dem Marktpreis abgegeben.

Auch die Ausgaben für Água para Todos wurden verringert, eine Initiative, die besonders arme Brasilianer mit Trinkwasser vorsorgen soll, auch in ländlichen Gegenden ohne Zugang zu Öffentlichen Dienstleistungen. Stipendienprogramme im Bildungsbereich wurden ebenfalls zusammengestrichen, wie das Auslandsstipendienprogramm für Studenten (Ciência sem Fronteiras) und Fiel, ein Programm für die Ausbildung an privaten Institutionen.

Ein Sparkurs zu einem hohen Preis: Kurzfristig lassen sich die reduzierten Ausgaben vielleicht als Erfolg in der Bilanz verbuchen, doch die Kürzungen in wichtigen Bereichen wie Gesundheit und Bildung könnten Brasilien langfristig teuer zu stehen kommen.

Sieben Stockwerke aus Ziegelsteinen: Das Haus (Foto: BuzzingCities)

Der brasilianische Sparkurs trifft auch die Sozialprogramme (Foto: BuzzingCities)

Das Gesicht der Zukunft stirbt an einer Überdosis

Er war der Junge, der wie kein anderes Kind für die Veränderungen der Favelas stehen sollte – nun starb er an einer Überdosis und wurde zum tragischen Symbol des Auf-und Abstiegs der Favelas.

Der 15-jährige Christiano T. wurde vergangene Woche bewusstlos aufgefunden, und starb wenig später. Noch vor sieben Jahren wurde der Junge, damals acht Jahre alt, zum Star der Favela Manguinhos in Rio de Janeiro.

Umgeben von hochrangigen Politikern: Der junge Christiano T. im gerade gebauten Schwimmbad (Screenshot: extra)

Umgeben von hochrangigen Politikern: Der junge Christiano T. im gerade gebauten Schwimmbad (Screenshot: Extra)

In Badehose und Badekappe wurde er vom damaligen Präsidenten Lula vor einem Schwimmbad umarmt, umgeben von Politprominenz wie dem Gouverneur von Rio de Janeiro, Sergio Cabral, und Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff. Lula hatte zuvor ein Foto gesehen, auf dem sich der kleine Christiano in einem Wasserloch im lehmigen Boden seiner Favela suhlte.

Präsident Lula da Silva genoss damals große Anerkennung in den Armenvierteln – er zeigte sich gern volksnah und hatte Verständnis für die Sorgen der bedürftigen Bevölkerung. In der Favela Manguinhos ließ er ein Schwimmbad bauen, um die Favela aufzuwerten, die Armut zu reduzieren und dem kleinen Christiano und damit stellvertretend vielen anderen brasilianschen Kindern eine würdige Zukunft zu ermöglichen.

Werbegesicht für Veränderung

Christiano erschien auf dem Titelblatt aller Zeitungen, wurde zum Werbefoto für die PAC, die Infrastrukturprogramme der brasilianischen Regierung. Seine Mutter bekam einen Job, die Familie zog in eines der Häuser, die durch die Sozialprogramme gebaut wurden. Noch heute klebt ein überdimensionales Foto von ihm an der Wand der Krankenstation in der Favela Manguinhos in Rio. Christiano starb in der Einrichtung, in der er als Werbegesicht für die Zukunft diente. Continue reading

Mrs. President

Es blieb knapp, verdammt knapp, bis zuletzt.

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Brasilianer fieberten in den sozialen Netzwerken wie bei einem Feuerwerk mit, zählten die Minuten, dann Sekunden herunter, bis die geheim ausgezählten Ergebnisse veröffentlicht wurden. Und selbst dann war die Spannung nicht vorbei: Denn die amtierende Präsidentin Dilma Rousseff lag vorn, aber nur knapp zwei Prozentpunkte – und fünf Prozent der Stimmen waren noch nicht ausgezählt.

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Der Endspurt blieb damit dem Wahlverlauf treu – unvorhersehbar bis zum letzten Moment:

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Damit haben mehr als 54,2 Millionen Dilma Rousseff im Amt bestätigt, mehr als 50,9 Millionen haben Aécio Neves gewählt – bei insgesamt 143 Millionen wahlberechtigten (und wahlpflichtigen) Brasilianern. Für Dilma Rousseff ist es also kein überzeugender Sieg, sie hat keine absolute Mehrheit hinter sich – und muss mit einer starken politischen Opposition rechnen.

Manche Anhänger von Aécio Neves rufen in den sozialen Netzwerken und bei Protesten in Brasilien nach militärischer Intervention und glauben, dass Brasilien nun ein zweites Kuba werden wird, die Stimmung ist zum Teil aggressiv aufgeladen. Neves selbst hat das Wahlergebnis nicht öffentlich kommentiert.

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Jetzt müssen den Wahlversprechen Taten folgen – auch Dilmas Anhänger fordern Wandel für das Land.

5 Gründe warum heute in Brasilien alles passieren kann

Wer wird Brasilien in Zukunft regieren? Alles ist möglich an diesem Wahlsonntag in Brasilien, an dem die entscheidende Stichwahl für das Präsidentenamt stattfinden wird: Die amtierende Präsidentin Dilma Rousseff der Arbeiterpartei PT und der sozialdemokratische Herausforderer Aécio Neves (PSDB) liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bei den Wahlen 2014 handelt es sich um eine der unerwartetsten und spannendsten Wahlen der brasilianischen Geschichte. Doch warum ist die Entscheidung selbst für Experten so unvorhersehbar?

Kopf an Kopf rennen: Aecio holt auf den letzten Metern leicht auf

Kopf-an-Kopf-Rennen: Aécio hat auf den letzten Metern nochmal aufgeholt

1. Die Wahl ist knapp, verdammt knapp. 

Aécio Neves konnte in den letzten Tagen vor der Wahl nochmals zulegen – die beiden Kandidaten liegen nur wenige Prozentpunkte auseinander.

2. Das Marina-Phänomen: Medien und Marktforschungsunternehmen gestalten den Wahlkampf mit – und können weit danebenliegen.

Schon der erste Wahldurchgang Anfang Oktober war eine Überraschung. Niemand hätte geglaubt, dass Aécio Neves überhaupt den ersten Durchgang übersteht. In den Umfragen lag er weit abgeschlagen auf dem dritten Platz. Stattdessen hatte sich ein Frauen-Duell um die Macht im Land abgezeichnet: zwischen Dilma Rousseff und der ehemaligen Umweltministerin Marina Silva, der im Vorfeld große Chancen eingeräumt wurden. Silva selbst war erst durch einen Schicksalsschlag zur Kandidatin geworden – als Eduardo Campos, der eigentliche Kandidat der Sozialistischen Partei Brasiliens (PSB) bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Doch es war Marina Silva, die ehemalige Kautschukpflückerin, die zwar eine Geschichte, aber keine konsistenten politischen Ideen präsentieren konnte, die ausschied – Aécio Neves konnte unerwartet mit 34 Prozent der Stimmen punkten, während Rousseff etwa 41 Prozent auf sich vereinte. Marina Silva war auch ein mediengemachtes Phänomen: Vor allem von internationalen Medien wurde sie zur Hoffnung Brasiliens hochgeschrieben: obwohl es viel Kritik an Silva gab, die im Wahlkampf ihre ehemaligen politischen Meinungen aufgab, für viele zu wenig politische Erfahrung aufwies, von der man nicht wusste, für welche Politik sie eigentlich steht.

Auch die brasilianischen Medien mischten im Wahlkampf mit, sie schrieben Kandidaten hoch und herunter, lancierten Gerüchte im Vorfeld der Wahlen – so grub eine Zeitung in Archiven ein älteres Interview mit dem jungen Aécio aus, der sagte, er habe sein Bett noch nie selbst gemacht. Auch die Zahlen der politischen Marktforschungsunternehmen sind mit Vorsicht zu genießen: Die Washington Post kritisiert, dass bei nur vier brasilianischen Instituten, die die Wahlumfragen erstellen, ein “gesunder Wettbewerb” fehlt, der Verzerrungen verhindert. 

3. Den Wunschkandidaten gibt es nicht. 

Viele werden an diesem Sonntag nicht ihren Wunschkandidaten, sondern das kleinere Übel wählen. Denn der Wunsch nach Wandel ist groß, doch es ist unklar, wer das Land tatsächlich positiv verändern kann. Die Beliebtheit von Dilma Rousseff in Brasilien ist durch die WM, aber auch durch die Wirtschaftsentwicklung, die Inflationsrate in den letzten Jahren gesunken – zudem ist von ihr, der amtierenden Präsidentin, der große Wandel eher nicht zu erwarten. Ihre Arbeiterpartei PT ist inzwischen zwölf lange Jahre an der Macht.

Selbst Brasiliens Arme, die eine wichtige Wählermasse darstellen, sind gespalten: Auch Favelabewohner wünschen sich Veränderung. Andererseits: Aécio Neves, Sohn einer Mehrgenerationen-Politikerfamilie und Playboy, verkörpert eher das Establishment und Unternehmerinteressen als die Verringerung sozialer Ungleichheit. Brasiliens ist sich uneins: Die Fronten ziehen sich quer durch Familien, auch quer durch die Favelas.

 4. Jede Partei hat versucht, den Herausforderer als das größere Übel darzustellen – mit einer politischen Schlammschlacht. Selbst Nazi-Vergleiche fehlten nicht.

Beide Lager, inklusive der Medien, haben sich vor allem in den letzten Tagen eine Schlammschlacht geliefert. Das brasilianische Magazin “Veja” hatte am Freitag vor der letzten öffentlichen TV-Duell den Vorwurf lanciert, dass Dilma Rousseff über Korruption und Geldwäsche beim staatlichen Energiekonzern Petrobras Bescheid gewusst haben soll.

Aécio Neves wurde zuvor als Kokser dargestellt. Ex-Präsident Lula, der Dilma Rousseff unterstützt, verglich die politischen Angriffe von Aécio Neves und seiner Anhänger im Nordosten mit dem “intoleranten” Vorgehen der Nazis im Zweiten Weltkrieg – Aécio Neves erinnerte der Wahlkampf der Arbeiterpartei PT an die Propaganda von Joseph Goebbels im nationalsozialistischen Deutschland.

5. Brasilianer müssen wählen – doch Protestwähler und gekaufte Stimmen verzerren das Ergebnis.

In Brasilien ist Wählen Pflicht – und bei 143 Millionen stimmberechtigten Brasilianern wird es wieder eine Vielzahl ungültiger Stimmabgaben geben, sowie gekaufte Stimmen. Am Tag des ersten Wahldurchgangs Anfang Oktober hatten Helfer von Abgeordneten etwa im Bundesstaat Maranhão Beutelchen mit kleineren Summen verteilt, um Wähler kurz vor dem Gang zur Urne zu beeinflussen.

Stimmenkauf hat auch in den Favelas eine lange Tradition. Kriminelle Gruppen kontrollieren, wer in den bevölkerungsreichen Armenvierteln Wahlwerbung betreiben darf und die Stimmen erhält. So wurden auch mehrere Politiker im Vorfeld des ersten Wahldurchgangs daran gehindert in Favelas wie der Rocinha Wahlplakate aufzuhängen oder Wahlkampfveranstaltungen abzuhalten.

 

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Präsidentschaftskandidat Eduardo Campos stirbt bei Flugzeugabsturz

Kurz vor den brasilianischen Präsidentschaftswahlen im Herbst ist einer der Kandidaten bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Der Privatjet, mit dem Eduardo Campos, der Präsidentschaftskandidat der Partido Socialista Brasileiro (PSB) unterwegs war, ist über einem Wohngebiet in Santos im Bundesstaat São Paulo abgestürzt.

Eduardo Campos, 49, wollte von Rio de Janeiro zu einer Wahlkampfveranstaltung reisen. Vermutlich geriet die Cessna 560XL in ein Unwetter. Sieben Menschen, zwei Piloten und alle fünf Passagiere, sollen Medienangaben zufolge bei dem Absturz gestorben sein.

Campos, der ehemalige Gouverneur von Pernambuco, war einer der beiden aussichtsreichsten Herausforderer der amtierenden brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff. Der Ex-Gouverneur von Pernambuco lag Umfragen zufolge mit Zustimmungswerten von etwa 8 Prozent als Präsidentschaftsanwärter auf Platz 3 – hinter Rousseff (36 Prozent) und Aécio Neves (2o Prozent).

Die prominente Politikerin Marina Silva, die Campos bei seiner Bewerbung als Präsidentschaftskandidat unterstützt, da ihre eigene Partei nicht zu den Wahlen zugelassen worden sind, sollte eigentlich mit an Bord sein. Doch eine Tag vor dem geplanten Abflug bestieg sie ein Flugzeug mit den Pressesprechern und befindet sich nun bereits in São Paulo.

Campos ist Vater von fünf Kindern. Erst am 10. August hatte er seinen 49. Geburtstag gefeiert.

Interview mit Campos: