Olympiade der digitalen Blockaden: Whatsapp-Crackdowns in Brasilien

Brasilien ist inzwischen weltweit bekannt für das ungewöhnlich harte Vorgehen gegen den Messenger-Dienst Whatsapp – schon zum zweiten Mal innerhalb von sechs Monaten  wurde Whatsapp in Brasilien landesweit gesperrt. Schlagartig waren hundert Millionen Brasilianer, etwa die Hälfte der brasilianischen Gesamtbevölkerung, auf „ZapZap“-Entzug.

Foto: BuzzingCities

Auf richterliche Anweisung hin mussten brasilianische Telekommunikationsfirmen den Dienst ab 14 Uhr am vergangenen Montag blockieren. Mit den Crackdowns sollte das Tochterunternehmen von Facebook gezwungen werden Nutzerdaten herauszugeben, die als Beweismaterial in einem Drogenhandels-Verfahren dienen sollen. Um den Druck auf das Unternehmen zu erhöhen, war im März 2016 sogar der für Lateinamerika zuständige Facebook Manager Diego Dzodan festgenommen worden.

WhatsApp entgegnete in einer Stellungnahme, dass das Unternehmen bereits innerhalb seiner Möglichkeiten vollständig kooperiert habe — und dass ständig die Herausgabe von Daten gefordert werde würde, über die das Unternehmen gar nicht verfüge.

Am Dienstag wurde die für 72-Stunden anberaumte Sperre dann von einem anderen Richter wieder aufgehoben. Die Brasilianer machten sich zwar mit Memes über die Whatsapp-Sperre lustig, viele wichen auch auf den Alternativdienstleister Telegram aus, der sich erneut über mehr als eine Million brasilianische Neukunden freien durfte, oder griffen auf VPN-Dienste zurück.

Dennoch zeigen die wiederholten Sperren, wie schnell ein ganzes Land top-down von einem zentralen Kommunikationsdienst abgeschnitten werden kann. Zahlreiche Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen über Whatsapp vermarkten, trafen die Verdienstausfälle hart. Über WhatsApp informieren sich normalerweise auch Favelabewohner über aktuelle Schießereien — Informationen, die lebenswichtig sein können. Ein wirklich dezentraler Dienst, der sich nicht so leicht sperren lässt, hat sich in Brasilien trotz der Crackdowns noch nicht als Mainstream durchgesetzt. Vielleicht könnte das aber zumindest ein positiver Nebeneffekt der brasilianischen Blockaden sein, wenn diese weiter anhalten sollten.

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